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Am Knie von Gabriele Schulze

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ein Licht im Dickicht

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geheimnisvolle Abgänge

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ein Kreis im Kreis

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ein Ort des Funkeln im Dunkeln

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ein diskreter Zugang

Wo findet der gestresste Homo sapiens Ruhe und ist doch mitten im Geschehen? Zum Beispiel im Auge des Orkans, um einen herum tost die Naturgewalt, man selbst genießt die Windstille und das zentripetale Rauschen. Bloß schwierig hereinzukommen in die Mitte des Wirbelsturms… Als urbane Entsprechung kann man glücklicherweise noch auf das Innere eines Kreisverkehrs zurückgreifen. Hier ist normalerweise kein Hinkommen und kein Wegkommen, ein Besuch des verkehrumbrandeten Runds ist nicht vorgesehen. Der nichtöffentlichste Ort in der Öffentlichkeit. Ein Rückzugsort. Die als „Waldfrau“ zu temporärem Ruhm gelangte Gabriele Schulze aus Belzig lebte zwölf Jahre lang ohne Obdach und bevorzugte die innere Grünanlage von Kreisverkehren als ungestörte Schlafstätte.

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nach rechts

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nach links

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nach unten

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am Ziel aller Wünsche

In den Städten schreit die Öffentlichkeit bekanntlich nach Öffentlichkeit und so darf auch nur einer der drei großen Berliner Roundabouts für sich bleiben. Auf dem Strausberger Platz im Zentrum des Strausberger Platzes springt ein Brunnen und sonst gar nichts. Der Große Stern dagegen ist über Unterführungen zugänglich und gut frequentiert, da dort die erklimmbare Siegessäule den Blick über den Tiergarten öffnet. Auch der Ernst-Reuter-Platz macht sein Inneres öffentlich, allerdings nicht leicht erreichbar. Der Tunnel zweigt irgendwo vom Untergrundbahnhof ab, ist schlecht beleuchtet, als stadtplanerische Durchwegung ein Kind der autogerechten Stadt, die heute keiner mehr will, da wir ja alle ökologisch korrekt zu Fuß gehen oder mit dem Veloziped unterwegs sind. Allerdings hat auch diese autogerechte Stadt erst das fantastische Sechziger-Jahre-Ensemble des Ernst-Reuter-Platzes ermöglicht. Ein Platz, der lange baulich verkam, inzwischen restauriert wird und seit kurzem auch ein Ziel des Regionalmanagements der „Berlin City West“ geworden ist.

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das Wäldchen

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der See

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der Mond

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die Architektur

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die Moderne

Nach dem altbekannten Motto „Unser Platz soll schöner werden“ darf jetzt fast jeder mitreden über die Zukunft des Kreisverkehrs. Studenten der UdK wollen dem Platz mit den Mitteln der Auditiven Architektur zu Leibe rücken und drohen mit der Aufstellung von Cafépavillons. Jene Universität und ihre Technische Schwester erklären den Platz kurzerhand zu ihrem Hoheitsgebiet, sind sie doch die Hauptanrainer mit Gebäuden an der Straße des 17. Juni und der vor einigen Jahren geschehenen Übernahme des Telefunken-Hochhauses direkt am Platz. Auf einer Konferenz referierte der TU-Architektursoziologie vor kurzem fundiert über die Historie des Charlottenburger Knies (das dann erst ein Kreisel werden musste) und den Denkmalschutz fast des gesamten Bereichs, kann sich aber gleichzeitig Fußgängerampeln vorstellen – wohl weil er sich auch vorstellen kann, dass halb Charlottenburg nichts anderes im Sinn hat, als endlich nach Jahrzehnten der Hinderung den Ernst-Reuter-Platz in seinem Herzen heimzusuchen, sich mit Kind und Kreisel an die Wasserfläche zu setzen, den Fontänen zuzuschauen wie sie nach oben schießen und bei Kaffe-und-Kuchen darüber nachsinnen, wie schön es ist, so viel urbane Freiheit zurückerlangt zu haben.

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Schützt die Öffentlichkeit vor der Öffentlichkeit!!!

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Sei autogerecht! Sei Kreisverkehr! Sei Ernst-Reuter-Platz!

Der Ernst-Reuter-Platz braucht tatsächlich Öffentlichkeit, allerdings zunächst bitte öffentliche Diskussion bevor sich Nachbarschaftsinitiativen auch die ästhetische Komponente unter den Nagel reißen. Eine Stadt braucht einsame Orte, schwer erreichbare Orte, laute, ungemütliche Orte, solche wo niemand ist und niemand sein will. Orte, wo man einmal Gabriele Schulze sein kann und sei es nur für einen Moment.


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